17. August 2015

[Rezension] Monica McInerney - "Das Haus am Hyde Park"

Monica McInerney - Das Haus am Hyde Park
Gegenwartsliteratur

Verlag: Goldmann-Verlag
Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München
Umschlagabbildung: Marlene Ford /getty images
ISBN-13: 978-3442479979
Seiten: 474 Seiten
Erschienen: 16. Dezember 2013
Originaltitel: „The House of Memories“
Übersetzerin: Astrid Mania

Buchrückentext
„Ein schrecklicher Unfall zerstört das Leben der jungen Australierin Ella O’Hanlon. Bei Nacht und Nebel verlässt sie daraufhin ihre große Liebe Aidan, den sie für die Tragödie verantwortlich macht. Ihr liebenswerter, weiser Onkel Lucas Fox überredet sie schließlich, zu ihm nach London zu kommen. Der Professor lebt in einer alten Villa am Hyde Park, die voller Bücher und wundervoller Erinnerungen steckt. Was Ella nicht weiß, gemeinsam mit dem Rest der kunterbunten Fox-Familie schmiedet Lucas einen Plan, um seiner Nichte die Freude am Leben zurück- und sie wieder mit der Liebe ihres Lebens zusammenzubringen.“

Meine Meinung
Wer meint, hinter dem hübschen Cover eine leichte Sommergeschichte zu finden, wird sicherlich enttäuscht sein, denn „Das Haus am Hyde Park“ ist eine berührende Familiengeschichte, in der es um schwierige Themen wie Verlust, Trauer und Schuld geht – und trotzdem hat es Spaß gemacht, sie zu lesen und lässt einen am Ende das Buch mit gutem Gefühl im Bauch zuschlagen.

Ella O’Hanlons Leben wird durch einen furchtbaren Unfall zerstört – die Schuld daran gibt sie ihrem Mann und ihrer Schwester. Sie zieht sich völlig von Familie und Freunden zurück, sucht Zuflucht bei ihrem Onkel in London – doch der kann nicht länger zusehen, wie Ella sich dem Leben verweigert und setzt alles daran, ihre Lebensgeister wieder zu wecken.

Ich war direkt drin in der Geschichte, die aus verschiedenen Perspektiven geschrieben ist. Den größten Teil nimmt Ellas Sicht ein, die als Ich-Erzählerin auftritt, so dass man sehr gute Einblicke in ihr Gefühlsleben und ihre Gedanken erhält. Eine andere Perspektive ist die von Ellas Schwester Jess, die ihrem Tagebuch regelmäßig schreibt, was ihr so passiert, was sie denkt und was sie fühlt. Und zu guter Letzt gibt es noch Ellas Bruder Charlie, der wöchentlich Mails an seine Familie verschickt mit dem, was in seiner eigenen Familie so geschehen ist – diese Kapitel waren immer nur sehr kurz, dafür aber sehr unterhaltsam, denn sie waren witzig und haben ein ganz eigenes Bild von Charlies kunterbunter und sehr lebhafter Familie entstehen lassen.

Ella mochte ich von Anfang an sehr gerne, auch wenn ich viele ihrer Gedanken und erst recht viele ihre Taten nicht nachvollziehen konnte. Aber sie ist einfach in ihrem Schmerz gefangen und verweigert jegliche Hilfe, will und kann sich ihrer Trauer nicht stellen. Trotzdem ist sie sympathisch und sie hat mir sehr leid getan, gerne hätte ich sie in den Arm genommen, um sie zu trösten, aber auch, um sie wachzurütteln und zu schütteln. Das hat dann ja glücklicherweise ihr Onkel Lucas übernommen, ein sehr liebenswürdiger Mensch, der mit beiden Beinen im Leben steht und es so lebt, wie er es will – ohne sich von anderen da reinreden oder bevormunden zu lassen. Ihn fand ich klasse und vor allem seine unkonventionelle Art, Dinge anzugehen und sie zu betrachten. Auch die anderen Charaktere fand ich gut gestaltet, auch wenn mir hier nicht alle sympathisch waren – aber es ist eine kunterbunte Mischung verschiedenster Menschen, jeder mit eigener Geschichte, mit Ecken und Macken.

Mich hat die Geschichte gefesselt, die vor allem in London spielt, weil Ella dort Zuflucht bei ihrem Onkel sucht. In Rückblenden erfährt man aber nach und nach, wie Ella großgeworden ist, wieso ihre Familie ein solcher kunterbunter Haufen ist, warum ihr Onkel Lucas ein solch wichtiger Mensch für Ella darstellt und was schließlich das furchtbare Unglück eigentlich war. Diese Rückblenden sind geschickt in die Geschichte eingewoben, und man kann sich die Familie immer besser vorstellen. Im Mittelteil hatte das Buch dann kleine Längen, weil ich das Gefühl hatte, Ella bleibt auf der Stelle stehen und irgendwie entwickelt sich die Geschichte nicht weiter, dieses Gefühl hat aber nicht lange angehalten und das letzte Drittel wird wieder interessanter. Hier passiert auf einmal eine ganze Menge, Ellas Schwester Jess rückt zunehmend in den Vordergrund der Geschichte, und das Ende löst dann alle Verstrickungen wieder auf – mir hat es gefallen, auch wenn es vielleicht ein wenig aufgesetzt wirkt, dennoch aber fand ich es glaubhaft; vor allem aber habe ich die positive Entwicklung Ellas sehr gemocht.

Das Buch lässt sich sehr flüssig und angenehm lesen durch den eingängigen, eher leichten Schreibstil. Auch wenn es um viele ernste Themen wie Trauer und Verlust, Verzeihen und Vergeben geht, musste ich das eine oder andere Mal auch schmunzeln – denn einige Charaktere sind wirklich herzerwärmend und lockern die Geschichte auf, ohne ihr den Ernst zu nehmen. Ich habe mich in dieser besonderen Atmosphäre sehr wohl gefühlt, nicht nur, weil sie oft ein London-Feeling vermittelt hat, sondern vor allem weil ich die Mischung aus Melancholie und Lebenslust sehr gemocht habe.

Mein Fazit
Ein berührender Familienroman, der wahrscheinlich aber eher Frauen als Männer anspricht. Eine angenehmer Schreibstil, sympathische Charaktere und eine Geschichte, die mich fesseln konnte. Es geht um ernste Themen wie Trauer und Verlust, Schuld und Sühne, und trotzdem ist der Roman nicht einfach nur traurig und melancholisch, sondern sprüht zwischendurch auch voller Lebenslust und Charme. Von meiner Seite gibt es gute 4/5 Sternen.



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