Paula Hawkins - Girl on the train
Roman
Verlag: blanvalet-Verlag
Umschlaggestaltung: buerosued.de nach einem
Entwurf von Claire Ward
Umschlagmotiv: Plainpicture /Bildhoset
ISBN-13: 978-3-764-50522-6
Seiten: 448 Seiten
Erschienen: 15. Juni 2015
Originaltitel: „The Girl on the Train“
Übersetzer: Christoph Göhler
Buchrückentext
„Jeden Morgen nimmt die 30-jährige Rachel den Pendlerzug,
der von Londons Außenbezirken in die Stadt fährt - und jeden Morgen hält der
Zug an einem best8immten Streckenabschnitt. Rachels Blick aus dem Abteilfenster
sucht dabei immer ein bestimmtes Haus nahe der Bahnschienen: voyeuristisch
spinnt sie sich in das scheinbar glückliche Leben eines jungen Paares hinein,
das sie jeden Morgen und Abend dort in diesem Haus beobachtet. Rachel dagegen
ist allein, depressiv und trinkt – die junge Frau sehnt sich selbst nach einem
perfekten Beziehungsidyll, dass sie täglich bei diesem Paar namens Megan und
Scott sieht. Doch unverhofft muss Rachel eines Tages mit ansehen, wie die junge
Frau ihren Mann betrügt – als sie am Tag darauf die Zeitungen vom Verschwinden
Megans Hipwells berichten, wird Rachel indirekt Zeugin eines möglichen Motivs.
Doch ihre vom Alkohol brüchig gewordenen Erinnerungen führen sie selbst in die
Irre – denn am Abend von Megans Verschwinden, wurde Rachel sturzbetrunken in
der Nähe des Hauses gesehen…“
Meine Meinung
Cover und Klappentext haben mich sehr angesprochen, vielleicht auch weil
ich selbst Zugpendlerin bin und das Gefühl kenne, jeden Tag die gleichen Häuser
an sich vorbeiziehen zu sehen. Der Hype um das Buch ist zum Glück an mir
vorbeigezogen – zum Glück deshalb, weil so einfach nur Erwartungen entstehen,
die ein Buch dann vielleicht nicht mehr erfüllen kann.
Vorweg vielleicht noch eins – das Buch wird fälschlicherweise oft als
Thriller oder Krimi gehandelt; das ist es aus meiner Sicht nicht. Es ist ein
toller Roman, der vor allem durch die (zugegebenermaßen kaputten und leider
auch unsympathischen) Charaktere glänzt und der eher ein Psychodrama oder eine
Charakterstudie darstellt. Und liest man das Buch aus dieser Sicht, finde ich
es richtig gelungen.
Das Buch ist aus Sicht dreier verschiedener Frauen geschrieben, die
jeweils als Ich-Erzählerin auftreten und ihre Sicht verschiedener Dinge
schildern. Zunächst fand ich das verwirrend, doch nach und nach wird klar, wie
die verschiedenen Personen miteinander verbunden sind. Jedem Kapitel ist aber
vorangestellt, aus wessen Sicht gerade geschildert wird, so dass eigentlich
keine Verwechslungen auftreten können, zumal auch die Erzählweisen der drei
Frauen ganz unterschiedlich war. Schwierig fand ich nur die Zeitsprünge –
während Rachel und Anna immer ihre Eindrücke aus aktueller Sicht schildern,
liegen das, was Megan zu sagen hat, in der Vergangenheit, ein paar Monate vor
den aktuellen Ereignissen.
Der Einstieg in die Geschichte ist zugegebenermaßen gemächlich und
richtig spannend wird es erst nach ca. 100 Seiten. Dennoch aber hat mir auch
der Anfang gefallen, weil er Möglichkeit gibt, Rachel kennenzulernen und sich
auf sie einzulassen. Sie ist mir zwar nicht sympathisch, dennoch aber fand ich
ihre Gedanken und Gefühle interessant und ihren Charakter einfach wunderbar
ausgearbeitet. Sie treibt durchs Leben, gibt sich dem Alkohol hin, warum,
erfährt man im Lauf der Geschichte, und scheitert immer wieder an der Aufgabe,
endlich die Finger von ihm zu lassen. Auch ihr Handeln wird deutlich vom
Alkohol bestimmt, und so konnte ich vieles einfach nicht nachvollziehen.
Trotzdem aber habe ich ihre Abschnitte immer gerne gelesen, ihre Verzweiflung
gespürt und letztlich auch ihren – wenn auch versteckten - Lebenswillen. Auch
die anderen Charaktere sind sehr gut gezeichnet, wobei es neben den beiden
anderen erzählenden Frauen Megan und Anna auch noch deren Ehemänner und eine
Mitbewohnerin von Rachel gibt. Sympathisch ist mir keiner der Figuren, aber sie
sind sehr lebensnah und echt, sie wirken mit ihren Problemen authentisch, und
alle kann ich mir so oder ähnlich tatsächlich auch vorstellen.
Toll fand ich vor allem, dass die Geschichte gar nicht mehr Personen
braucht, um trotzdem zu fesseln. Es ist eher eine subtile, untergründige
Spannung, die mich gepackt hat und mich das Buch hat in kurzer Zeit
verschlingen lassen, und auch wenn das Ende vielleicht vorhersehbar war, fand
ich es doch schlüssig und glaubhaft. An der einen oder anderen Stelle war mir
die Geschichte etwas zu lang gezogen, denn Rachels Gedanken wiederholen sich,
dadurch aber wird ihre Not noch mal deutlicher und trotz dieser Längen hatte
die Geschichte auf mich eine Sogwirkung. Vielleicht aber auch, weil mich der
Schreibstil total überzeugt hat – ich fand ihn nicht nur angenehm zu lesen,
sondern sehr eindringlich und den Punkt genau treffend. Er hat eine düstere
Atmosphäre geschaffen und die verzweifelte Grundstimmung aller Beteiligten
wunderbar transportiert – kurz gesagt: mich hat er gefangen genommen und
richtig in die Geschichte gezogen.
Mein Fazit
Wer einen Thriller oder einen Krimi erwartet, der wird wahrscheinlich
enttäuscht sein von dieser Geschichte, denn der Roman gleicht eher einem
Psychodrama oder einer Charakterstudie. Und als solches ist er wirklich
gelungen. Die Charaktere sind fantastisch gestaltet, sehr authentisch und
glaubhaft, die Geschichte ist eher untergründig spannend und der Schreibstil
durch seine Eindringlichkeit sehr fesselnd. Mir hat das Buch sehr gut gefallen
– einen Stern ziehe ich nur ab, da es durch einige Gedankenwiederholungen doch
zu wenigen Längen gekommen ist. Trotzdem hat mich „Girl on the train“ sehr gut
unterhalten und verdient von mir 4/5 Sternen.
Vielen Dank an den Blanvalet-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars.
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