6. November 2024

[Rezension] Isabel Bogdan - "Wohnverwandschaften"

Isabel Bogdan - Wohnverwandschaften
Gegenwartsliteratur
 

 Verlag: Argon Hörbuch
 ISBN-13: 978-3-732-42138-1
 Dauer: 350 Minuten
 Erschienen: 10.10.2024
 Sprecher: Isabel Bogdan, Heikko Deutschmann, Katharina Wackernagel, Lavinia Wilson, Serkan Kaya, Julian Horeyseck, Gabriele Blum, Oliver Kube, Marian Funk

   
Zum Inhalt
„Constanze zieht nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten in die Wohngemeinschaft von Jörg, Murat und Anke. Was zunächst als Übergangslösung gedacht war, entpuppt sich als zunehmend stabil. Da ist Jörg, dem die Wohnung gehört und der immer vergesslicher wird; Anke, die als mittelalte Schauspielerin kaum noch gebucht wird und plötzlich nicht mehr die einzige Frau in der WG ist; und Murat, der sich einfach keine Sorgen machen will und dessen Lebenslust auf die anderen mitreißend und manchmal auch enervierend wirkt. Constanze sorgt als Neuankömmling dafür, dass sich die bisherige Tektonik gehörig verschiebt. Alle vier haben ihre eigenen Träume und Sehnsüchte und müssen sich irgendwann der Frage stellen, ob sie eine reine Zweck-WG sind oder doch die Wahlfamilie.“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung
Während ich „Der Pfau“ von der Autorin nicht so mochte, hatte mich „Laufen“ sehr angesprochen – in diesem neuen Roman geht es um eine Wohngemeinschaft, in der vier ganz unterschiedliche Menschen zusammenleben.

Jörg ist der Wohnungseigentümer. Er ist Ende sechzig und fühlt sich seit dem Tod seiner Frau etwas verloren in der großen Wohnung. Er reist gerne, in letzter Zeit aber macht ihm seine Vergesslichkeit zu schaffen. Und zunehmend auch seinen Mitbewohnern: Anke ist Schauspielerin, seit längerem aber ohne Engagement und damit knapp bei Kasse. Murat ist IT-Spezialist, begeisterter Schrebergartennutzer und genießt sein Leben in vollen Zügen. Er ist leidenschaftlicher Koch und versorgt so die WG mit Köstlichkeiten. Gerade frisch eingezogen ist Constanze – sie ist Zahnärztin und hat sich gerade von ihrem Freund getrennt. An ihnen allen geht Jörgs Vergesslichkeit natürlich nicht ungesehen vorbei, und gemeinsam suchen sie nach Lösungen für das immer größer werdende Problem. 

Das Buch beginnt mit dem Einzug Constanzes. Sie richtet sich ein, wird von den Mitbewohnern herzlich empfangen und schon bald wirken die vier wie eine eingeschworene, sich lang kennende Gemeinschaft. Die Autorin nimmt den Hörer mit in den Alltag der vier und lässt dabei jeden selber zu Wort kommen. Und da jede Person im Hörbuch von einem anderen Sprecher gesprochen wird, weiß man durch die Stimme immer direkt, wer gerade berichtet. Die Sprecher sind auch sehr gut gewählt – nicht nur, dass sie ganz unterschiedliche Stimmfarben haben, sondern auch der eigene Erzählstil ist bei jedem anders. Durch die Ich-Perspektive habe ich mich den verschiedenen Figuren sehr nahe gefühlt, weil sie nicht nur erzählen, was passiert, sondern natürlich auch was sie denken und fühlen. 

In diese wohlige und fast schon besonnene Atmosphäre schleicht sich dann aber ein ernsterer Tonfall ein – die Vergesslichkeit Jörgs wird immer schlimmer, bis er kaum noch alleine bleiben kann. Die vier sind nun aber nicht mehr einfach nur WG-Bewohner, sondern zu Freunden, fast schon zu einer Ersatzfamilie geworden – und sie helfen sich gegenseitig in der immer schwieriger werdenden Situation. Dabei kommt es auch schon mal zu Diskussionen, und natürlich hat jeder auch noch seine eigenen Alltagssorgen, der eine mehr, der andere weniger. 

So unterschiedlich die Figuren sind, so sehr mochte ich jeden auf seine Weise. Murat ist ein Sonnenschein und hat mich mit seiner warmen und liebenswerten Art sehr begeistert. Anke wirkt zwar immer ein wenig nörgelig, was aber ihrer beruflichen Situation zuzuschreiben ist, aber auch sie hat tolle Seiten und ist für die Menschen da, die ihr wichtig sind. Sie ist sehr authentisch, so wie eine eigene Freundin, die einem vertraut ist und die man sowohl in guten als auch in schlechten Zeiten erlebt. Constanze ist fast schon am blassesten geblieben, dabei nicht unsympathisch, aber ein bisschen unscheinbar. Jörg ist eine sehr tragische Figur – er ist herzensgut und liebenswert und leidet sehr unter der Vergesslichkeit, die er selber auch wahrnimmt, und die ihn dann mal verzweifelt, aber auch wütend werden lässt. 

Ich habe mich natürlich gefragt, wie das Buch enden wird, und obwohl es ein offenes Ende ist, fand ich es sehr gut und passend. Es lässt Raum für eigene Ideen und schenkt zudem Hoffnung.

Ich mochte die Mischung aus ersten und leichten Themen sehr gerne – dazu hat die Autorin viele aktuelle Probleme einfließen lassen. Und obwohl es in der zweiten Hälfte doch sehr traurig und tragisch ist, hat mir die Kraft der Freundschaft und Verbundenheit, die die vier hier leben, sehr gut gefallen und ein gutes Gefühl gemacht. Ich kann dieses Hörbuch nur empfehlen. 

Mein Fazit
Während der Einstieg eher an eine lustige Geschichte einer WG denken lässt, wird es im Verlauf dann doch ernster – denn einer der vier WG-Bewohner wird zunehmend vergesslich und braucht immer mehr Unterstützung. Trotz des ernsten Themas ist die Atmosphäre die ganze Zeit wohlig und schenkt letztlich auch Kraft und Hoffnung. Ich mochte das Hörbuch sehr gerne. 

5 Kommentare:

  1. Schönen guten Morgen!

    Ich mochte ja "Der Pfau" total gerne und "Laufen" hat mich dann leider vom Thema her gar nicht angesprochen, weshalb ich es nicht gelesen hab.
    Das hier allerdings interessiert mich. Ich hab erst vor einigen Tagen eine Rezension dazu gelesen, die mich auch sehr angesprochen hat. Für mich klingt es ein bisschen wie die Bücher von Fredrik Backman: erst ein bisschen mit Humor und Augenzwinkern und dann wird es doch berührend, wenn man tiefer blickt. Diese Mischung find ich spannend und ich werde es definitiv lesen - fragt sich nur wann *lach*

    Vielen Dank für deine Vorstellung!

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Ich glaube, ich sollte es mit Frederik doch noch mal versuchen - bisher hat er mich ja nicht überzeugt. Schade, dass man nicht Zeit verschenken kann, die würde ich dir gerne schenken, dass du all die Bücher, die dich interessieren, bald lesen kannst. :-)

      LG Sabine

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    2. Haha, ja, mehr Lesezeit könnten wir ja alle gut gebrauchen... deshalb sind wir wohl auch in der Auswahl etwas wählerischer. Zumindest ich. Ich muss auch jetzt endlich mal die "Oma" lesen, die liegt schon viel zu lange! Aber ich glaube ich schieb das auf Anfang nächsten Jahres, weil ich dann schon einen Titel mit O für die ABC Challenge habe *g*

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    3. Du bist aber echt vorausschauend! *lach*

      LG Sabine

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    4. Naja, jetzt zum Jahresende hin ... grade das O ist ja immer etwas schwierig beim Titel ABC, und die paar Wochen machen es jetzt auch nicht mehr aus :D

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