18. Juli 2024

[Rezension] Nathan Hill - "Wellness"

Nathan Hill - Wellness
Gegenwartsliteratur
 

Originaltitel: „Wellness“ (25.1.2024)
Übersetzer: Stephan Kleiner, Dirk van Gunsteren 
ISBN-13: 978-3-844-93582-0 
Dauer: ungekürzt, 1270 Minuten
Erschienen: 2.1.2024
Sprecher: Uve Techner

   
Zum Inhalt
„Als Jack und Elizabeth 1993 ein Paar werden, spricht alles gegen sie. Doch der junge Fotograf mit den bäuerlichen Wurzeln und die Psychologiestudentin aus gutem Hause heiraten – und erleben in der vibrierenden Kunstszene Chicagos aufregende erste Jahre. Doch nicht alles läuft glatt. Inmitten von Achtsamkeitsseminaren, polyamourösen Bekanntschaften und schrillen Immobilienträumen droht ihre Ehe zu scheitern. Und schließlich müssen sich diese nicht mehr ganz so jungen Träumer den Dämonen ihrer Vergangenheit stellen, wenn sie nicht das Wertvollste verlieren wollen: einander. “ (Quelle: Piper-Verlag)

Meine Meinung
Ich glaube nicht, dass ich zu dieser Geschichte gegriffen hätte, wenn es nicht in meinem Lesekreis ausgesucht worden wäre, denn das Cover finde ich alles andere als ansprechend, und ich weiß auch nicht, ob die Geschichte für mich als Buch, also selber lesend, funktioniert hätte – das Medium Hörbuch aber hat für mich gepasst und mir interessante Hörstunden geschenkt. 

Im Mittelpunkt stehen Jack und Elizabeth – sie lernen sich in den 1990er Jahren kennen und heiraten, doch nach 16 Jahren Ehe sind sie sich ihrer Beziehung nicht mehr sicher. In Rückblenden wird nun aus ihren Leben erzählt, dabei blickt man immer von außen auf die beiden, so dass sie mir über das ganze Hörbuch hinweg immer ein wenig fremd geblieben sind. Man begleitet sie bei ihren Höhen und Tiefen, erlebt ihre beruflichen Herausforderungen und das Meistern (oder auch Scheitern) des Alltags. Dabei werden viele Themen, auch aktuelle, angeschnitten, und bestimmt findet jeder Leser bzw. Hörer etwas, was ihn besonders anfasst oder was er aus seinem eigenem Umfeld so auch schon kennengelernt hat. 

Nathan Hill hat einen gewinnenden Schreibstil, er ist sehr lebendig, es gibt viele Dialoge, die ich als realistisch und sehr glaubhaft empfunden habe. Es gibt Gespräche zwischen Elizabeth und Jack, aber auch mit Freunden, den Eltern und dem gemeinsamen Sohn Toby. Und so erlebt man den schleichenden Prozess, wie die beiden sich auseinanderleben, wie sich ihre Lebensmodelle und Vorstellen immer weiter unterscheiden. Durch Zeitsprünge und häufig wechselnden Szenarien droht manchmal der rote Faden der Geschichte verloren zu gehen, zumindest beim Hörbuch musste ich mich immer mal wieder neu orientieren. Einige Szenarien beschreibt der Autor auch sehr genau, und manchmal hat er mich da dann auch verloren, weil mir manche Themen dann doch zu ausgewalzt waren – ich hatte da dann eher den Gedanken „ja, ich habe es kapiert“. Ein bisschen stringenter hätte die Geschichte also für mich schon erzählt werden können, wobei mir Aufbau und vor allem auch die Themen wirklich sehr gut gefallen haben. 

Jack ist Fotograf, Elisabeth ist Psychologin – und beide leben für ihre Jobs. Gerade bei Elisabeth ist das sehr auffällig – sie neigt dazu, jedes Tun und Handeln mit Referenzen belegen zu müssen, sehr auffällig (und mir dann auch zu viel) war es, wenn es um die Erziehung des wohl schwierigen Sohnes geht. Jack hingegen hat als Fotograf einen sehr eigenen Stil, der sich nicht allgemeiner Beliebtheit erfreut, der sich aber im Laufe des Hörbuchs erklärt – und im letzten Drittel offenbart sich dann noch einiges Unerwartetes, was mir gefallen und der ganzen Gesichtete noch mal eine andere Richtung gegeben hat. Denn ich habe mitgerätselt, was es mit dem Geheimnis auf sich hat – und die Auflösung hat mich dann auch erschüttert. 

Wäre die Geschichte weniger ausschweifend erzählt, hätte sie mich noch mehr begeistert – gefallen hat mir vor allem, wie der Autor auch mit den Sympathien der Protagonisten spielt – mal war es Jack, den ich besser verstanden habe und mit dem ich mehr gefühlt habe, mal war es Elisabeth – und das spricht für die wirklich authentischen Figuren, die sich im Laufe der Jahre ändern, die gute, aber auch kantige Seiten haben. 

Mich hat das Hörbuch gut unterhalten, sicher auch, weil Uve Techner ein Sprecher ist, dem ich gerne zuhöre und der mit seiner Stimme die Atmosphäre sehr gut eingefangen hat – egal, ob es ernste Gespräche waren oder auch mal skurrile oder lustige Szenen. Insgesamt empfehle ich das Hörbuch also gerne weiter, wenn man mit der doch eher detaillierten Art des Erzählens umzugehen weiß – ich hatte auf jeden Fall Freude beim Hören. 

Mein Fazit
Eine komplexe Geschichte einer Ehe, die zu scheitern droht – mit vielen Rückblicken in die Vergangenheit, authentischen Figuren und vielen aktuellen Themen, die in die Geschichte eingebaut sind. Manchmal war es mir zu ausschweifend, trotzdem habe ich das Hörbuch gerne gehört – von mir daher durchaus eine Empfehlung.


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