24. Oktober 2023

[Rezension] Siri Hustvedt - "Die Verzauberung der Lily Dahl"

Siri Hustvedt - Die Verzauberung der Lily Dahl
Gegenwartsliteratur
 

 Originaltitel: „The Enchantment of Lily Dahl“ (1996)
 Übersetzer: Uli Aumüller
 Verlag: Rowohlt-Verlag
 ISBN-13: 978-3-499-22457-7
 Seiten: 288 Seiten
 Erschienen: 1.2.1999
 Umschlaggestaltung: C. Günther /W. Hellmann
 Umschlagabbildung: G + J Photonica /Keyvan Behpour

   
Buchrückentext
„Nächtliche Blicke in ein erleuchtetes Fenster: Ein halbnackter, muskulöser Mann malt selbstvergessen und schweißgebadet an einem Ölbild. Die junge Lily Dahl, die ihn aus ihrem Fenster jenseits der Straße beobachtet, ist fasziniert. Abend für Abend schaut sie ihm zu, und eines Nachts schaltet sie ihr eigenes Licht an und zieht sich für ihn aus ...“

Meine Meinung
Ich habe schon einiges von der Autorin gelesen, dies ist ein eher früheres Werk von ihr, was man nach meinem Empfinden am noch nicht ganz so ausgefeilten Schreibstil auch merkt.

Die Geschichte handelt von einer jungen Frau namens Lily Dahl, die in einer kleinen Stadt in Minnesota lebt und Schauspielerin werden will. Um das zu finanzieren arbeitet sie in einem Café, das vor allem von Stammgästen frequentiert wird. Angetan hat es ihr ein junger Maler, dem sie zufällig auch gegenüber wohnt, so dass sie ihn beim Malen beobachten kann… 

Mehr möchte ich zum Inhalt gar nicht verraten, da sich aus der Grundsituation – Lily beobachtet den nackten Edward beim Malen – eine ganze Reihe von Erzählsträngen entwickeln. Dabei stehen Themen wie Identität, Obsession und die Komplexität menschlicher Beziehungen im Mittelpunkt, im Verlauf gibt es durchaus aber auch kriminalistische Elemente.

Die Charakterzeichnung ist sehr gut gelungen – Siri Hustvedt schafft es, mit nur wenigen Sätzen eine Figur so darzustellen, dass ich sie mir genau vorstellen kann, nicht, was die Äußerlichkeiten betrifft, sondern das Wesen, die Eigenschaften. Lily wirkt noch sehr jung, ist den Dingen und Menschen gegenüber neugierig und offen, kann aber auch um Hilfe bitten, wenn sie mal nicht weiter weiß. Sie spielt zum Beispiel in einem Theaterstück mit und kann mit ihrer Rolle nichts Rechtes anfangen – da ist sie sich nicht zu schade, ihre Nachbarin Molly um Hilfe zu bitten. Molly ist ein Charakter, der mich sehr  fasziniert hat – sie ist schon eine ältere Dame, die früher mal Schauspielerin war und die auf eine einfühlsame Weise ihre Erfahrungen mit Lily teilt. Sie wirkt so unglaublich weise, manchmal auch ein bisschen geheimnisvoll, immer aber liebevoll im Umgang mit Lily – auch sie lernt schließlich Edward kennen, der Portraits anfertigt, das aber auf eine ganz besondere Weise. Auch ihn umgibt irgendwie etwas geheimnisvolles, er hat zudem aber auch etwas Verwegenes – dass Lily ihn anziehend findet, kann ich durchaus verstehen. 

Zu Beginn führt die Autorin die verschiedenen Charaktere langsam ein, jeden lernt man in seinem Umfeld kennen. Dazu kommt noch ein alter Schulkamerad von Lily, der wegen eines Sprachfehlers immer ein wenig im Abseits steht – ihm kommt in der Geschichte noch eine besondere Rolle zu  und gerade in der zweiten Hälfte kommt Lily ihm und einem Geheimnis auf die Schliche.

Der Schreibstil ist gut zu lesen, längst noch nicht so ausgereift, wie ich ihn in aktuelleren Büchern der Autorin wahrgenommen habe. Aber auch damals schon hat sie die Atmosphäre des kleinen Städtchens hervorragend zeichnen können und ich die ganze Zeit beim Lesen ein etwas ungutes Gefühl hatte. 

Das Ende hat mich dann nicht richtig überzeugen können, weil da bei mir Fragen offen geblieben sind  bzw. sogar neu aufgetreten sind. 

Insgesamt aber ein guter und interessanter Roman, den ich gerne gelesen habe. 

Mein Fazit
Ein kleines Städtchen in Minnesota, großartig gezeichnete, einzigartige Charaktere und Themen wie menschliche Beziehungen, Abhängigkeiten und Identitätsfindung – aus all dem ist ein unterhaltsamer und interessanter Roman geworden, der vor allem durch seine Atmosphäre besticht und den ich gern gelesen habe.


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