[Rezension] Anika Landsteiner - "Nachts erzähle ich dir alles"

Anika Landsteiner - Nachts erzähle ich dir alles

Gegenwartsliteratur
 

 Verlag: Argon Verlag   

 ISBN-13: 978-3-732-47267-3

 Dauer: 633 Minuten

 Ersterscheinung: 8.9.2023

 Sprecher: Rebecca Veil, Gabriele Blum

   

Zum Inhalt

„Léa flieht vor ihrem Leben. Sie tauscht den deutschen Sommer gegen den südfranzösischen und fährt auf das alte Familienanwesen an der Côte d’Azur. Doch ihr Plan, dort zur Ruhe zu kommen, geht nicht auf: Am Abend ihrer Ankunft unterhält sie sich mit einer jungen Frau, die noch in derselben Nacht ums Leben kommt – und Léa ist die letzte, die sie gesehen hat. Plötzlich steht Émile, der Bruder der jungen Frau, vor Léas Tür. Ihn quälen viele Fragen, weil er erfahren hat, dass seine Schwester schwanger war. Nacht für Nacht erzählen sie sich von ihren längst nicht mehr heilen Familien, sie streiten mit Haut und Haar über Schuld, Angst und Schweigen. Während Léa versucht, zurück ins Leben zu finden, setzt Émile alles daran, zu ergründen, was zum Tod seiner Schwester geführt hat. Wie kann man Abschied von der Vergangenheit nehmen, ohne zu vergessen?“ (Quelle: Verlagsseite)

Meine Meinung

Mich hat das Cover angesprochen und dass es mir ein Gefühl von „Sommerroman“ geschenkt hat – doch man sollte nicht eine seichte Lektüre hinter dem farbenfrohen Cover vermuten, denn es geht um ernste Themen.

Léa, Mitte 30, hat sich gerade getrennt, und auch beruflich ist sie sehr belastet. Sie nimmt sich eine Auszeit und reist nach Südfrankreich. Dort lernt sie die junge Alice kennen, die dann aber plötzlich verstirbt – dies wirft natürlich viele Fragen auf und da Léa die letzte war, die mit Alice gesprochen hat, nimmt Alices Bruder Emile Kontakt zu ihr auf. Er hat große Probleme, das Schicksal zu akzeptieren und findet in Léa eine hervorragende Gesprächspartnerin – doch dabei bleibt es nicht.

Es ist kein Krimi, wie man nach der Inhaltsangabe vielleicht denken mag, und auch kein leichter Sommer-Liebesroman, vielmehr werden ernste Themen wie lesbische Beziehungen, ungewollte Schwangerschaften und Burnout angesprochen. Dabei beginnt die Geschichte sehr sommerlich und Anika Landsteiner hat wunderbar französischen Flair und auch das bekannte „savoir vivre“ einfangen und in Worte packen könnte. Ich habe mich nach Südfrankreich versetzt gefühlt, konnte französische Köstlichkeiten schmecken, den Wind in den Haaren und die Sonne auf der Haut spüren.

Dieses Idyll wird aber jäh durchbrochen, als Emile auf der Oberfläche auftaucht und sich zwischen ihm und Léa eine enge Beziehung entwickelt.

Léa ist mir von Anfang an sympathisch gewesen, auch wenn sie an manchen Stellen etwas unentschlossen wirkt  - an anderen hingegen ist sie sich ihrer Sache sehr sicher und weiß ihre Meinung auch zu vertreten. Emile konnte ich dagegen nicht so recht packen – er verliert sich nahezu in seiner Trauer und obwohl er seiner Schwester Alice sehr nahe stand, wusste er – wie sich im Verlauf der vielen Gespräche mit Léa zeigt – doch recht wenig über seine jüngere Schwester. Die Gespräche sind sehr intensiv zwischen Léa und ihm, was dem Buch dann auch die anfängliche Leichtigkeit genommen hat – die hat auch die sich anbahnende Liebesgeschichte nicht zurückbringen können. Es bleibt trotz einiger, auch schöner und inniger Momente eher eine belastete Stimmung, und die sommerliche Leichtigkeit ist passé.

Trotzdem habe ich das Hörbuch sehr gerne gehört, weil ich die Themen interessant fand und ihnen an Aktualität nicht fehlt. Der Schreibstil ist angenehm, sehr atmosphärisch – und mich hat begeistert, dass die Autorin die verschiedenen Stimmungen immer sehr gut einfangen konnte.

Die Sprecherinnen Rebecca Veil und Gabriele Blum haben beide sehr gut gelesen. Persönlich mochte ich die warme und ruhige Stimme von Gabriele Blum etwas lieber, das aber ist Geschmackssache und tut der guten Leistung von Rebecca Veil mit ihrer jugendlicheren Stimme keinen Abbruch.

Ich empfehle das Hörbuch gerne weiter, wenn man sich auf einen in Frankreich spielenden Roman einlassen kann, in dem es nicht nur leicht und sommerlich zugeht, sondern der sich mit interessanten und tiefsinnigen Gesprächen beschäftigt.

Mein Fazit

Eine atmosphärische Geschichte, die aber nicht nur leicht und sommerlich ist, sondern sich mit Themen wie Feminismus, ungewollte Schwangerschaft und selbstbestimmtem Leben beschäftigt – kann man sich darauf einlassen, empfehle ich das Hörbuch sehr gerne weiter.

WERBUNG: Vielen Dank an Netgalley und den Argon-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.