12. Mai 2023

[Rezension] Yoko Ogawa - "Das Museum der Stille"

Yoko Ogawa - Das Museum der Stille
Gegenwartsliteratur
 

Originaltitel: „Chinmoku Hakubutsukan“ (2000)
Übersetzer: Ursula Gräfe, Kimiko Nakayama-Ziegler
Verlag: atb-Verlag
ISBN-13: 978-3-746-63006-9
Seiten: 348 Seiten
Erschienen: 9.12.2013
Umschlaggestaltung: Mediabureau Di Stefano, Berlin unter Verwendung eines Motivs von plainpicture /Lubitz + Domer

   
Buchrückentext
„Ein junger Mann kommt im Auftrag einer alten Dame in ein abgelegenes Dorf, wo er ein Museum einrichten soll, eine Sammlung vermeintlich alltäglicher Dinge. Bald jedoch entdeckt er, dass die Gegenstände von der Dame gestohlen wurden, um die Erinnerung an verstorbene Dorfbewohner zu bewahren. Als er selbst beginnt, Erinnerungsstücken nachzujagen, wird eine Frau ermordet – und er verdächtigt.“ 

Meine Meinung
Yoko Ogawa gehört mit zu meinen Lieblingsautorinnen – und auch dieser Roman hat mir sehr gut gefallen; nur das Ende hat sich mir nicht erschlossen, so dass am Schluss bei mir ein fader Beigeschmack geblieben ist.

Ein junger Kurator soll ein außergewöhnliches Museum eröffnen – es scheinen alltägliche Dinge zu sein, die er katalogisiert, doch es sind Erinnerungsstücke an verstorbene Bewohner des Dorfes. Während seiner Arbeit ist es auch seine Aufgabe, bei neuen Todesfällen Dinge der Verstorbenen zu besorgen – doch ein Serienmörder macht es ihm zunehmend schwer. 

Die Geschichte beginnt ruhig und lebt gerade zu Beginn von der leisen und ruhigen Atmosphäre und der anmutenden Sprache. Erst im Laufe der Erzählung entsteht eine gewisse Spannung, da zum einen ein Serienmörder am Werk ist, von dem man nur ahnt, wer dahinter stecken könnte, zum anderen, weil so viel skurriles passiert, dass man einer Auflösung entgegenfiebert. Mich zumindest hat die Geschichte völlig in ihren Bann gezogen, und ich konnte das Buch im letzten Drittel kaum beiseitelegen – umso größer war dann meine Enttäuschung, das so viele Fragen eben offenbleiben und sich  nicht alles erklärt oder auflöst.

Die Charaktere sind großartig gezeichnet – obwohl sie eine gewisse Distanz behalten, vielleicht, weil die Hauptfiguren keine Namen tragen, vielleicht auch wegen der in Japan üblichen Zurückhaltung, habe ich mit ihnen gefühlt und sie gerne verfolgt. „Die Alte“ ist die Auftraggeberin des Museums, eine widerspenstige und nicht gerade freundliche alte Frau, die meist laut zeternd auftritt, aber in einigen wenigen Situationen auch leise und konzentrierte Töne anschlägt. „Der junge Mann“ ist der Kurator, der anfangs ohne Enthusiasmus seiner Aufgabe nachgeht, dann aber mehr und mehr von der Idee gefangen wird; ihm hilft „die Adoptivtochter“, die schüchtern und zurückhaltend, dafür aber konsequent und zuverlässig ihre Aufgabe erfüllt. 

Die Idee des Buches fand ich großartig – mehr und mehr hatte ich das Gefühl mich in einer Traumwelt zu befinden, und auch am Ende ist nicht klar, was nun eigentlich real und was erdacht war. Dazu hat auch der Schreibstil beigetragen – er ist ruhig und leise, oft mit poetischen Formulierungen. So entsteht eine ganz besondere Atmosphäre in einer insgesamt sehr leisen Geschichte - und das, obwohl es an Grausamkeit nicht fehlt. Ich konnte gut eintauchen in diese Stimmung, und hätte es am Ende eine Auflösung aller ungeklärten Fragen gegeben, wäre das Buch für mich ein Highlight geworden. Wer aber mit offenen Enden weniger hadert, der sollte sich dieses Buch unbedingt mal anschauen.

Mein Fazit
Eine ruhige Geschichte, in der ein Museum im Mittelpunkt steht, in dem Alltagsdinge verstorbener Menschen gesammelt werden. Es tun sich einige Fragen beim Lesen auf, und nicht alles wird beantwortet - das sollte man wissen, bevor man zu diesem atmosphärischen Buch mit sympathischen, ungewöhnlichen Charakteren greift. Ich mochte den Roman sehr gerne und empfehle ihn vor allem wegen der intensiven Stimmung gerne weiter.

1 Kommentar:

  1. Das klingt interessant. Schade, dass das Ende nicht überzeugen konnte.

    Ich kenne die Autorin gar nicht, da muss ich direkt mal stöbern gehen. :)

    Liebe Grüße

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