4. November 2022

[Rezension] Judith W. Taschler – "Das Geburtstagsfest"

Judith W. Taschler – Das Geburtstagsfest 
Mehrere Zeitebenen
 

 Verlag: Droemer-Verlag
 ISBN-13: 978-3-426-30646-8
 Seiten: 350 Seiten
 Erschienen: 1.9.2020
 Ersterscheinung: 1.8.2019
 Umschlaggestaltung: Sabine Kwauka
 Umschlagabbildung: Metin Demiralay /Trevillion Images

   
Buchrückentext
„Zu seinem fünfzigsten Geburtstag wollen die drei Kinder von Kim Mey ihren Vater mit einem ganz besonderen Gast überraschen: Sie haben die Amerikanerin Tevi Gardiner zu sich nach Österreich eingeladen, jene Frau, mi der Kim als Kind aus Kambodscha geflohen ist. Seit 23 Jahren hat er sich nicht mehr gesehen. Statt sich, wie von den Kindern erwartet, zu freuen, reagiert Kim jedoch ungewöhnlich abweisend. Im Lauf der Feier entflammt ein heftiger Streit. Alte Wunden brechen auf, und eine schreckliche Lüge kommt ans Tageslicht, die das Leben der beiden völlig infrage stellt.“

Meine Meinung
Das Cover scheint nicht so recht zu passen, und auch der Titel lässt nicht vermuten, was sich zwischen den Buchdeckeln verbirgt -  eine spannende und bedrückende Geschichte um ein Thema, dessen ich mir überhaupt nicht bewusst war: Der Genozid in Kambodscha. 

Zum 50. Geburtstag seines Vaters hat der jüngste Sohn ein ganz besonderes Geschenk: Er hat Tevi eingeladen, die Frau, mit der sein Vater vor mehr als 30 Jahren aus Kambodscha flüchtete, zu der aber der Kontakt abgebrochen ist. Was er nicht ahnt: Alte Wunden brechen auf, und der Geburtstag wird nicht zu einem berauschenden Fest, sondern zu einem Desaster.

Judith W. Taschler kann einfach schreiben – sie hat sich ein schwieriges Thema ausgesucht und geschafft, es in einen fesselnden und dennoch informativen Roman zu packen, so dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte. 

Es gibt mehrere Zeitebenen, auf denen die Geschichte spielt: einmal die Gegenwart im Jahr 2016, in der man Kim und seine Familie kennenlernt, die das bevorstehende Geburtstagsfest plant. Durch den Überraschungsgast gibt es dann aber auch Rückblenden in die Vergangenheit, mal nach Kambodscha zur Zeit des Roten-Khmer-Regimes, mal in die 1980er und 1990er Jahre in Österreich. Alle Erzählstränge haben mir gefallen, am intensivsten war aber der des Roten-Khmer-Regimes – die Autorin nimmt kein Blatt vor den Mund und schildert unverblümt die Gräueltaten, die damals verübt wurden. Und in vielem wurde ich erinnert an den Holocaust in Deutschland. Die Beschreibungen sind aufwühlend und erschütternd, und trotz des grausamen Geschehens, bei dem ich immer wieder auch innehalten musste um durchzuatmen, war ich denn auch gepackt und wollte unbedingt weiterlesen. 

Die Figuren sind unglaublich gut gezeichnet – man meint, sie zu kennen, weil man erlebt, wie sie in der Gegenwart auftreten und agieren; doch mit Rückblicken in die Vergangenheit lernt man dann auch ganz andere Seiten kennen. Der Autorin ist sehr gut gelungen zu zeigen, wie vergangenes Geschehen einen Menschen prägen und so Verhaltensweisen, die in der Gegenwart vielleicht merkwürdig erscheinen, zu erklären; vielleicht nicht immer zu entschuldigen, aber immerhin doch im Kontext zu sehen. Gelungen ist auch, wie Missverständnisse und Unausgesprochenes ganze Leben verändern und beeinflussen – und wie dann Wunden aufgerissen werden, wenn es doch auf den Tisch kommt.

Das Buch ist nichts für zarte Gemüter, denn einige Beschreibungen sind sehr grausam – die Autorin bedient sich eines klaren und direkten Schreibstils, der ohne blumige Beschreibungen auskommt, dafür aber direkt und auf den Punkt bringt, was geschieht. Immer wieder entsteht dadurch eine düstere Atmosphäre, die kalt und herzlos ist und damit aber genau zum Geschehen passt.

Das Buch hat mich viel über Kambodscha lernen lassen und ist dennoch eine spannende und fesselnde Lektüre – lediglich das Ende fand ich ein wenig verwirrend und ich hätte mir eine bessere Entwirrung der verschiedenen Erzählebenen gewünscht. Trotzdem empfehle ich das Buch gerne weitere und gebe 4,5 von 5 Sternen.

Mein Fazit
Eine bedrückende, aber auch sehr ehrliche Geschichte, die auf mehreren Zeitebenen spielt und aufzeigt, wie sehr Erfahrungen aus der Vergangenheit Menschen bis in die Gegenwart prägen. Kein Buch für zarte Gemüter, denn auch vor grausamen Schilderungen aus der Zeit des Roten-Khmer-Regimes wird nicht Halt gemacht. Ich gebe 4,5 von 5 Sternen. 

2 Kommentare:

  1. Liebe Sabine,
    sehr schön, dass dir das Buch auch so gut gefallen hat! Das mit dem Ende stimmt. Ich habe danach mit meiner Nichte, die ebenfalls ein Judith W. Taschler Fan ist und das Buch gelesen hatte, darüber diskutiert....und beide waren wir unsicher.

    Was sich hinter Titel und Cover verbirgt ist wirklich nicht zu erwarten und die Erzählungen in Kambodscha schwer verdaulich. Trotzdem ein grandioses Buch!

    Liebe Grüße
    Martina

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    1. Über das Ende hätte ich mich auch gerne ausgetauscht, denn ich war mir auch nicht sicher, ob ich da alles richtig verstanden habe.

      Im Nachhinein passt das Cover ja schon - genau so habe ich mir Tevi vorgestellt.
      LG Sabine

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