12. Oktober 2021

[Rezension] Kristin Harmel – "Das Buch der verschollenen Namen"

Kristin Harmel – Das Buch der verschollenen Namen
Zwei Zeitebenen
 

Originaltitel: „The Book of Lost Names“
Übersetzerin: Veronika Dünninger
ISBN-13: 978-3-426-22713-8
Seiten: 380 Seiten
Erschienen: 1. Oktober 2021
Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München, unter Verwendung von JACKET DESIGN BY Chelsea Mcguckin
Coverabbildung: Collage aus mehreren Motiven von Drunaa /Trevillion Images, Ildiko Neer /Trevillion Images, und Shutterstock.com
 
   
Buchrückentext
„Nur knapp entkommt die Studentin Eva Abrams 1942 aus Paris, nachdem ihr Vater verhaftet wurde. Eva findet Zuflucht in dem kleinen Bergdorf Aurignon in der unbesetzten Zone, wie sie auch den jungen Widerstandskämpfer Rémy kennenlernt. Bald beginnt Eva, im Auftrag der Résistance Ausweispapiere für jüdische Kinder zu fälschen – doch sie möchte deren wahre Identität für eine Zeit nach dem Krieg bewahren. Zusammen mit Rémy fertigt sie verschlüsselte Aufzeichnungen an: das Buch der verschollenen Namen. Als jedoch ihre Widerstandszelle verraten wird und Rémy plötzlich verschwindet,. Bedeutet das Buch für sie beide tödliche Gefahr…“

Meine Meinung
Ich mag Geschichten, die zur Zeit der Weltkriege spielen und meist gibt es über etwas zu lesen, was mir unbekannt ist – diesmal geht es um das Fälschen von Papieren für Flüchtlinge; und auch das ist ein Thema, das mich sehr interessiert. Das Buch basiert auf einer wahren Geschichte – wie viel von dem Erzählten wahr ist und was dazugedichtet wurde, wird aber leider nicht erwähnt.

Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen, wobei sich der Großteil in der Vergangenheit abspielt. Beginnend im Jahr 1942 begleitet man die junge Eva Traube; nachdem ihr Vater deportiert wurde, fliehen sie und ihre Mutter aus Paris und schlagen sich durch bis zu einem kleinen Ort in Frankreich. Eigentlich wollten sie in die Schweiz, doch in Aurignon schließt sich Eva einer Gruppe von Menschen an, die anderen zur Flucht verhelfen. In dem Erzählstrang der Gegenwart ist Eva Traube über achtzig Jahre alt – zufällig liest sie einen Artikel über „Das Buch der verschollenen Namen“, ein Buch, dass sie maßgeblich mit gestaltet hat und dessen wahrer Besitzer gesucht wird. Trotz aller Warnung seitens ihrer Familie macht sie sich auf die Reise.

Ich mochte die Geschichte. Schon nach wenigen Seiten fühlte ich mich mittendrin, auch wenn ich den Part der Vergangenheit – wie bei mir meistens – lieber mochte. Eva als Figur hat mir sehr gut gefallen. Sie ist mutig und vorausschauend, sicher nicht leicht in dieser Zeit, in der sie und ihre Mutter einer sehr ungewissen Zukunft gegenüberstehen, trotzdem hat sie ein gutes Gespür für die Situation. Mutig organisiert sie nicht nur die eigene Flucht, sondern im Weiteren dann auch die vieler anderer durch Fälschung von Papieren. Ihre Mutter geht mit der Situation ganz anders um – sie kann das Grauen nicht glauben, und beharrt darauf, dass ihr Ehemann noch lebt und sie ihn retten muss. Aber sie wandelt ihr Wut nicht in Handeln um, sondern bleibt bei ihrer Tochter und macht ihr immer wieder Vorhaltungen. Sie ist keine Sympathieträgerin in dieser Geschichte, eben weil sie ihrer Tochter immer wieder Vorwürfe macht, selber aber auch nichts gegen die Situation unternimmt. So unsympathisch sie ist mit ihrem Gejammer und ihrer Tatenlosigkeit, so denke ich, dass es ihre Art ist, mit der ungewissen Situation und ihrer Trauer um den Verlust des Ehemannes umzugehen.

Die Autorin beschreibt sehr genau, woraus der Widerstand von Eva besteht, und auch das hat mir sehr gut gefallen. Sie arbeitet in einem untergründigen Netzwerk, und mich beeindruckt, wie dieses verknüpft und verflochten ist in ganz unterschiedliche Bereiche. 

Natürlich gibt es auch eine Liebesgeschichte, die aber nicht zu viel Raum einnimmt, als dass es mir unangenehm geworden wäre. Immer tiefer gerät Eva in diesen Sog, fremden Menschen, vor allem Kindern, helfen zu wollen, und eigentlich ist klar, dass sich die Schlinge um ihren Hals immer enger zieht. Und so wird es in der zweiten Hälfte dann richtig spannend, denn wieder geraten Eva und ihre Mutter in Gefahr. 

Der Strang der Gegenwart ist deutlich ruhiger – aber auch hier ist interessant, wie die mittlerweile „alte“ Eva ihr Leben lebt, welchen Ideen ihrer Familie sie sich aussetzen muss und wie sie dann doch ihren eigenen Kopf durchsetzt. 

Der Schreibstil ist angenehm, leicht zu lesen und sehr lebendig. Die Autorin hat die Atmosphäre der schrecklichen Zeit sehr gut eingefangen – nicht nur auf der Flucht von Eva, sondern auch in der gefährlichen Zeit der Arbeit im Untergrund. Da es in der zweiten Hälfte dann auch noch sehr spannend wurde, sind die Seiten rasch dahingeflogen. 

Einzig das Ende hat mich nicht überzeugt. Dass Eva entkommt, ist klar, doch wie genau es geschehen ist, wird leider nicht weiter erzählt. Zwar schließt sich dann auch der Kreis in der Gegenwart, dennoch war es mir am Ende dann zu romantisiert – aber vielleicht ist es tatsächlich so geschehen, denn „das Leben schreibt ja die besten Geschichten“. Ich gebe gute 4 von 5 Sternen.

Mein Fazit
Eine tolle Geschichte um eine Jüdin, die als Fälscherin im Untergrund arbeitet. Erzählt wird ihre auf einer wahren Begebenheit basierenden Geschichte auf zwei Zeitebenen, und langsam baut sich über das ganze Buch hinweg Spannung auf, so dass ich es gerade in der zweiten Hälfte nur schlecht beiseitelegen konnte. Lediglich das Ende war mir zu rund, trotzdem empfehle ich die Geschichte und gebe gute 4 von 5 Sternen.

WERBUNG: Vielen Dank an den Droemer-Knaur-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

3 Kommentare:

  1. Liebe Sabine,
    ich habe das Buch nun auch beendet und sitze gerade an meiner Rezension. Ist dir auch aufgefallen, dass im Klappentext Eva nicht Eva Traube, sondern Eva Amrams heißt?
    LG Martina

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    1. Ja, darüber bin ich auch gestolpert. Ich bin gespannt, wie das Buch dir gefallen hat!

      LG Sabine

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    2. Rezi ist schon online

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