26. Februar 2018

[Rezension] Han Kang - "Die Vegetarierin"

Han Kang - Die Vegetarierin
Gegenwartsliteratur

Verlag: atb-Verlag
Umschlaggestaltung: zero-media.net, München unter Verwendung eines Fotos von © Tom Darracott
ISBN 13: 978-3-746-63333-6
Seiten: 190 Seiten
Erschienen: 15. September 2017
Übersetzer: Ki-Hyang Lee

Buchrückentext
„Ein seltsam verstörendes, hypnotisierendes Buch über eine Frau, die laut ihrem Ehemann an Durchschnittlichkeit kaum zu übertreffen ist – bis sie eines Tages beschließt, kein Fleisch mehr zu essen.“

Meine Meinung
Das Buch hat einen großen Hype ausgelöst und ich habe entweder besonders positive Stimmen oder aber sehr negative dazu gehört. Ich selber bin sehr unentschlossen, was ich von der Geschichte halten soll – sie unterhält nicht in klassischem Sinne, sie verstört eher und macht nachdenklich. Und hallt lange bei mir nach. 

Zum Inhalt gibt es gar nicht viel zu sagen – Yeong-Hye beschließt von einem auf den anderen Tag, kein Fleisch mehr zu essen, als Grund gibt sie ihre Träume an. In Süd-Korea ist Vegetarismus nicht sehr angesehen, und so löst die eher als unscheinbar und durchschnittlich beschriebene junge Frau eine ganze Kaskade schrecklicher Ereignisse aus.

Die Geschichte ist in drei Teile gegliedert – im ersten Teil tritt Yeong-Hyes Ehemann als Ich-Erzähler auf; sie selbst kommt nicht zu Wort, lediglich in ihre Träume bekommt der Leser einen Einblick. Der zweite Teil ist aus Sicht des Schwagers erzählt und spielt einige Jahre später, der dritte Teil dann aus Sicht der Schwester, die sich um Yeong-Hye kümmert, die mittlerweile in der Psychiatrie liegt.

Der Schreibstil ist toll – obwohl er kühl und klar, sehr sachlich und durch einfache Sätze geprägt ist, vermag er zu fesseln und eine ganz eigene Atmosphäre einzufangen. An manchen Stellen wirkt das Erzählte wie ein Bericht, trotzdem hat es mich emotional packen können. Die Figuren bleiben dagegen eher fremd – ob das an der eher pragmatischen Charakterisierung oder aber an der mir völlig fremden Kultur liegt, vermag ich nicht zu sagen. Richtig mitgefühlt habe ich daher mit keinem, trotzdem aber hat mich die Geschichte Yeong-Hyes berührt. Oder besser gesagt – betroffen gemacht und erschüttert. 

Dabei ist der Vegetarismus (oder eigentlich streng genommen sogar die vegane Lebensweise, denn sie verzichtet auf jegliche tierische Produkte) nur der Aufhänger für eine sich immer weiter ins Skurrile steigernde Geschichte. Yeong-Hye isst nicht nur einfach kein Fleisch mehr, sie demütigt ihren Ehemann und ihre Familie, wird selbst Opfer von Gewalt, fühlt sich den Pflanzen näher als den Menschen und hört irgendwann völlig auf zu essen – denn eine Pflanze braucht nur Sonne und Wasser. Für mich bleibt offen, ob es sich um eine reine Schizophrenie handelt, um Stimmen, die in blutigen Träumen bei Yeong-Hye erscheinen, oder aber eine Auflehnung gegen das Patriarchat, in dem sie lebt – erst bei ihren Eltern und dann bei ihrem Ehemann. Oder aber ob ihr persönlicher Leidensweg letztlich die Krankheit ausgelöst hat. Schrecklich ist auf jeden Fall der Verlauf und tatsächlich hat die Geschichte zwischendurch kafkaeske Züge. 

Es gibt nur wenige schöne Momente – leider scheint sie geprägt von Gewalt, Zwang und auch Blut. Unterhaltsam war sie daher nicht, sie gibt aber viel Stoff zum Nachdenken. So viel ich mich mit dieser Geschichte beschäftigt habe, müsste ich eigentlich 5 Sterne geben, die fühlen sich für mich aber einfach nicht richtig an. Daher werde ich diesem Buch keine Bewertung geben. 

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