4. September 2017

[Rezension] Selim Özdogan - "Wo noch Licht brennt"

Selim Özdogan - Wo noch Licht brennt 
Gegenwartslitertaur

Verlag: Haymon Verlag
Umschlaggestaltung: Sabine Kwauke, München
Umschlagmotiv: © Shutterstock /mamita
ISBN 13: 978-3-709-97299-1
Seiten: 344 Seiten
Erschienen: 25. Juli 2017

Buchrückentext
„Die Geschichte einer beeindruckenden Frau zwischen Deutschland und der Türkei: Mit viel Gefühl und Poesie, aber ohne Sentimentalität schildert Selim Özdogan das Leben von Gül. Ein Leben, das geprägt ist von Melancholie und Trennung ebenso wie von Warmherzigkeit und Anteilnahme.“

Meine Meinung
Es ist eine besondere Geschichte, die Selim Özdogan hier präsentiert – und auch wenn es der Abschluss einer dreiteiligen Reihe ist, kann man sie auch gut ohne Vorwissen der anderen beiden Bücher lesen und genießen.

Es ist eine Familiengeschichte, die hier erzählt wird und in deren Mittelpunkt Gül steht. Sie verlässt ein zweites Mal ihre Heimat Anatolien, um bei ihrem Mann Fuat in Deutschland zu leben – doch die Umstände führen dazu, dass sie sich weder hier noch dort wirklich wohl fühlt und sie sich so ständig auf der Suche nach sich selbst befindet.

Es ist eindrucksvoll, wie der Autor die Gefühle und Gedanken einer türkischen Frau in Deutschland eingefangen hat und für mich steht Gül für eine ganze Generation und Kultur. Immer eher im Hintergrund und selten wirklich ihre eigene Meinung sagend, erduldet Gül vieles, wehrt sich nur selten und schluckt vieles runter – sicherlich spielt da ihre Persönlichkeit eine große Rolle, trotzdem aber erkennt man in ihr auch eine eigene Generation und die den Deutschen oft fremde Kultur.

Gül ist eine liebenswerte Frau, die ein großes Herz hat, aber dennoch immer still und leise wirkt, nur selten aus sich herausgeht – mir war sie an vielen Stellen zu still und zu rücksichtsvoll und manches Mal hätte ich sie gerne geschüttelt, dass sie was sagt und nicht einfach nur ihr Leid erträgt. Der Leser erhält viele Einblicke in ihre Gefühls- und Gedankenwelt, bei einigen anderen Figuren hätte ich mir das auch gewünscht. Zwar sind auch sie gut gezeichnet, bleiben aber hinter Gül eher blass und erwecken manchmal den Eindruck, ein Klischee zu erfüllen.

Beeindruckt haben mich die Sprache und der Stil, mit dem die Geschichte erzählt wird. Die Atmosphäre ist sehr dicht, fast durchweg melancholisch und bedrückend – an manchen Passagen konnte ich das kaum aushalten, weil es so wenig Freude und Glück in Güls Leben gibt und ich wirklich mit ihr gelitten und gefühlt habe. Erst ganz zum Schluss hatte ich das Gefühl, dass auch ein bisschen Sonnenschein in ihr Leben zieht, vorher war es trist, voller Wolken und Dunkelheit. Diese erdrückende Stimmung wurde wirklich fantastisch eingefangen – dabei bleibt der Schreibstil gut zu lesen, auch wenn es manchmal verwirrend war, in welchem Land die Geschichte gerade spielt und wie viel Zeit vergangen ist. Es gibt Zeitsprünge in die Vergangenheit, aber auch nach vorne – und hier wurden oft auch schon mal einige Jahre übersprungen. Zum Glück lösen sich diese Fragen nach wenigen Absätzen auch wieder auf, trotzdem musste ich an vielen Stellen erst kurz innehalten und überlegen, wo und wann die Geschichte gerade spielt.

Das Buch besticht durch seine Sprache und hat interessante Einblicke in das Leben einer türkischen Frau und Familie in Deutschland gegeben – mir war es insgesamt zu düster und melancholisch, etwas mehr Lebensfreude hätte ich mir für Gül gewünscht. Ich gebe dieser Geschichte 3,5 von 5 Sternen und empfehle es allen denen, die sich für andere Kulturen und eine außergewöhnliche Geschichte interessieren.

Mein Fazit
Eine interessante, aber auch bedrückende Geschichte einer türkischen Frau in Deutschland – sprachgewaltig werden die Gedanken und Gefühle der sympathischen, aber sehr in sich gekehrten Protagonistin erzählt. An vielen Stellen war es mir zu bedrückend, und ich hätte mir etwas mehr Lebensfreude gewünscht – trotzdem fesselt das Buch und hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Ich gebe ihm 3,5 von 5 Sternen.

Reihenfolge
1. Die Tochter des Schmieds
2. Heimstraße 52
3. Wo noch Licht brennt

Vielen Dank an den Haymon-Verlag und an Lovelybooks für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

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