18. März 2016

[Rezension] Michelle Ross - "Die verlorene Zeit"

Michelle Ross - Die verlorene Zeit
2 Zeitebenen

Verlag: Knaur-Verlag
Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München
Umschlagabbildung: FinePic®, München
ISBN-13: 978-3-456-51082-7
Seiten: 592 Seiten
Erschienen: 1. November 2013

Buchrückentext
„Als sie den Dachboden in ihrem Elternhaus aufräumt, macht die junge Amerikanerin Dinah einen unglaublichen Fund: Ihre Urgroßmutter soll Anfang des 20. Jahrhunderts in England als Mörderin hingerichtet worden sein! Ihr Vater, der politische Ambitionen hat, möchte diese Entdeckung am liebsten ganz schnell wieder vergessen und Dinah daran hindern, weitere Nachforschungen anzustellen. Gegen den Willen ihrer Eltern macht sie sich auf nach Cornwall, um das Rätsel um die Vorfahrin zu lösen, und kommt einem ungeheuren Skandal auf die Spur!“

Meine Meinung
Hinter Michelle Ross verbirgt sich ja Rebecca Michéle, von der ich schon sehr viele Bücher mit Begeisterung gelesen habe. Dementsprechend hoch waren meine Erwartungen bei diesem Buch, das auf zwei Zeitebenen spielt und in dem ein Familiengeheimnis gelüftet werden will – ich mag solche Bücher. Leider sind meine Erwartungen aber nicht ganz erfüllt worden, was vor allem an den sehr flachen Charakteren lag und der eher voraussehbaren Geschichte.

Dabei ist der Einstieg sehr vielversprechend – der Prolog schildert nämlich die letzten Momente einer jungen Frau, die zum Tode durch den Strang verurteilt wird. Dann jedoch wird der Leser erst mal in die Gegenwart entführt – hier ist die 24-jährige Dinah die Protagonistin, die auf dem Dachboden alte Zeitungsartikel findet, in denen von ihrer Ahnin Ellen Townsend berichtet wird, die Anfang des 20. Jahrhunderts zum Tode verurteilt wurde. Doch zeitgleich soll sie in Amerika geheiratet haben. Dinah lässt das nicht los und macht sich auf nach England, um das Geheimnis zu lösen. Alte Tagebücher, die dann im Lauf der Geschichte auftauchen, entführen den Leser ins Jahr 1902, in der sowohl eben genannte Ellen, aber auch ihre Schwester Belinda im Mittelpunkt stehen und ein gefährliches Spiel treiben.

Das Buch liest sich sehr locker und leicht durch den fast schon schlichten Schreibstil, der durch viel wörtliche Rede aber sehr lebendig wirkt. Leider habe ich aber viele Dialoge als etwas hölzern und tump empfunden und gerade die aus der Gegenwart als wenig glaubhaft – so redet einfach kein Mensch. Zwar sind der Autorin die Beschreibungen Cornwalls gut gelungen, so dass ich mir alles gut vorstellen konnte, die Geschichte selber ist aber leicht durchschaubar und bietet kaum Überraschungen und Wendungen. Trotzdem war es unterhaltsam und durchaus auch spannend und dadurch das Buch auch in wenigen Tagen durchgelesen. 

Gar nicht gefallen haben mir die Charaktere – keiner ist mir irgendwie ans Herz gewachsen, dafür waren sie zu stereotyp und dadurch nicht authentisch. Dinah aus der Gegenwart ist eine verwöhnte junge Frau, die sich aber eher wie eine trotzige Jugendliche verhält. Zwar ändert sie sich und ihre Einstellungen im Laufe der Geschichte, diese Entwicklung aber fand ich völlig unglaubwürdig. Ellen aus der Vergangenheit ist naiv und manchmal auch etwas dümmlich – gut, manches mag der Zeit geschuldet sein, aber wie sie handelt, ist oft nicht schlüssig – mal tritt sie mutig und beherzt auf, mal aber verschüchtert und scheu, mal steht sie ihre Frau und dann wieder gar nicht. Ihre Schwester Belinda ist das komplette Gegenteil – egoistisch, oberflächlich und einfach nur frech, aber so wirkt auch ihre Figur einfach nur überzogen. Leider ging es mir mit vielen anderen Charakteren genauso, sie waren klischeehaft und oft überzeichnet, so dass die ganze Geschichte konstruiert und einfach nicht glaubhaft wirkte.

Damit will ich nicht sagen, dass das Buch schlecht ist – für zwischendurch schenkt es nette und unterhaltsame Lesestunden, kann aber mit den „Großen“ der Familiengeheimnisromane nicht mithalten. Dafür ist die Geschichte zu durchschaubar und zu wenig komplex. Dennoch hatte ich schöne Lesestunden und gebe 3,5 von 5 Sternen.

Mein Fazit
Unterhaltsam und nett ist diese Geschichte, in der ein Familiengeheimnis gelöst werden will und die auf zwei Zeitebenen spielt. Der Schreibstil ist sehr schlicht, die Dialoge manchmal etwas hölzern, trotzdem lässt sich das Buch rasch und flüssig lesen. Die Geschichte selber ist etwas vorhersehbar und bietet nur wenig Überraschungen, die Charaktere waren mir zu klischeehaft und überzeichnet. Trotzdem hat das Buch einen gewissen Sog auf mich ausgelöst, so dass ich es rasch durchgelesen habe. Da es aber doch einige Punkte gab, die mich nicht überzeugen konnten, gebe ich 3,5 von 5 Sternen.


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