Ulrike Schweikert - Hinter den Spiegeln
Verlag: mtb (Mira Taschenbuch)
Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln
Titelabbildung: Thinkstock/Getty Images, München
ISBN-13: 978-3-956-49064-4
Seiten: 464 Seiten
Erschienen: 10. Oktober 2014
Zum Inhalt
Wien, 1892: Nach einem Reitunfall kann sich die junge Komtess Luise von Waldenberg an nichts mehr erinnern. Auf der Suche nach sich selbst stößt sie auf merkwürdige Dinge: Nicht nur scheint sie vor dem Unfall eine ganz andere Person gewesen zu sein, eine, die ihr selbst sehr unsympathisch ist, auch der tragische Tod ihres Bruders wird im ganzen Haus totgeschwiegen und Luise versteht einfach nicht, warum. Sie will das Geheimnis lüften und gerät damit in einen Strudel aus Intrigen und Verrat…
Meine Meinung
Das wunderbare Cover hat mich sofort in seinen Bann gezogen, der Klappentext versprach eine spannende Geschichte zur Zeit der k.u.k. (kaiserlich und königlich) - Monarchie – und tatsächlich hat mich Ulrike Schweikert mit ihrem opulenten Roman in eine andere Zeit und auch in eine andere Gesellschaft entführt. Sofort war ich in der Geschichte drin und habe beim Lesen eine Menge über das Leben im Jahre 1892 in Wien erfahren.
Luise hat nach einem Reitunfall ihr Gedächtnis verloren und versucht nun, sich selbst wiederzufinden – doch sie erhält nur wenige Informationen über das Geschehene und scheint sich – wie sie aus alten Tagebüchern erfährt – doch sehr verändert zu haben. Und ein Thema wird im Hause von Waldenberg totgeschwiegen – der merkwürdige Tod ihres Bruders. Und das lässt Luise natürlich keine Ruhe.
Was ich wirklich toll fand, sind die verschiedenen Einblicke in die komplizierten und sehr festgefahrenen gesellschaftlichen Strukturen im 19. Jahrhundert in Wien, Zeiten, in denen man nicht einfach heiraten kann, wen man liebt, sondern Hochzeiten mit Verhandlungen verbunden sind, in denen vor allem gesellschaftlicher Stand und Geld die größte Rolle spielen. Luises Vater hat sich zwar gegen diese Konventionen gestellt, als er seine Antonia ehelichte, dafür muss er sich nun aber auch um ihren Bruder mitsamt Familie kümmern, die – selbst nie zu Reichtum gelangt – nichts mehr genießen als den Prunk, adelige Bälle und das Ausleben des Reichtums.
Ganz anders ist dagegen das Leben der Familie Bruckner, Besitzer einer kleinen Zuckerbäckerei, die durch redliche und schwere Arbeit ihr Geld verdienen. Ich konnte auf jeden Fall beim Lesen die Schokolade schmecken und riechen, im Palais der Familie von Waldenburg die gepflegte Langeweile spüren. Besonders viel Wert hat die Autorin auch auf die Beschreibungen der Kleidung zu dieser Zeit gelegt, so ausführlich, dass ich beim Lesen stets alles vor Augen hatte.
Luise ist mir sofort ans Herz gewachsen mit ihrer natürlichen, vor allem aber auch sehr neugierigen Art. Sie merkt rasch, dass irgendwas vor ihre verborgen wird und jemand Intrigen gegen sie und ihre Familie schmiedet. Als Leser ahnt man zwar schon früh, wer dahinter stecken könnte, dennoch habe ich Luise auf der Suche nach der Lösung gerne begleitet. Aber auch die anderen Charaktere sind wirklich gut gezeichnet und geben ein authentisches Bild der familiären Strukturen. Irma von Dahlbach, Luises Tante und auch Luises Mutter Antonia sind vielleicht ein bisschen zu überspitzt geraten, denn bei ihnen hat die Autorin doch arg in die Klischeekiste gegriffen, dennoch passen sie zur Geschichte und geben ihr eine gewisse Würze.
Probleme mit den verschiedenen Figuren hatte ich zu keinem Zeitpunkt, denn sie werden nach und nach und sehr geschickt in die Geschichte eingeführt. Wenn ich mir aber dennoch mal nicht sicher war, wer wohin gehört, hat das nachgestellte Personenverzeichnis sehr geholfen.
Das Buch liest sehr einfach und schnell durch einen leichten, unkomplizierten, manchmal schon fast beschwingten Schreibstil, der mich eher an Jugendbücher als an einen Roman für Erwachsene erinnert hat. Leider hatte das Buch aber auch die eine oder andere Länge, die aber weniger durch ausführliche Beschreibungen begründet ist, als durch eine vor sich hin plätschernde Handlung. Gerade die erste Hälfte fand ich sehr langatmig, erst in der zweiten Hälfte kommt Spannung auf, die mich fesseln konnte und die dann in einem üppigen Finale endet. Die angedeutete Liebesgeschichte bleibt eigentlich meist im Hintergrund und nimmt nur wenig Raum im Buch ein. Das Ende des Buches ist dann zwar in sich geschlossen, lässt aber die eine oder andere Frage offen, so dass mir eine Fortsetzung des Romans möglich erscheint.
Fazit
Dieser opulente Roman entführt in eine andere Zeit und lässt einen die gesellschaftlichen Zwänge und Engen Wiens zur Zeit der k. u. k.-Monarchie spüren und miterleben. Ich habe die sympathische Luise gerne begleitet, die versucht, das Geheimnis um den Tod des Bruders zu lösen, dabei wird es vor allem in der zweiten Hälfte sehr spannend. Durch einen leichten und fast schon beschwingten Schreibstil kann man den historischen Schmöker gut und leicht lesen, das Ende lässt einige Fragen offen und lässt an eine Fortsetzung denken. Leider hatte das Buch vor allem in der ersten Hälfte einige Längen, dennoch wurde ich gut unterhalten und gebe gerne 3,5 Sterne.
Das kostenlose Leseexemplar wurde mir vom Mira-Taschenbuch-Verlag sowie von Blogg dein Buch zur Verfügung gestellt - vielen Dank dafür.
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