13. September 2013

[Rezension] Noam Shpencer - "Der glücklose Therapeut"

Noam Shpencer - Der glücklose Therapeut
Gegenwartsliteratur

Verlag: Knaus-Verlag
ISBN-13: 978-3-8135-0507-8
Seiten: 256 Seiten
Erschienen: 23.9.2013

Buchrückentext
„David Winter ist Psychologe – aus Pragmatismus. In einem Privatinstitut behandelt er „aufgeregte Wohlstandsbürger“ und „sorgengebeutelte Hausfrauen“, wie ihm sein Mentor, der kauzige Dr. Helprin, gerne vorhält. Winter hat sich in seinem Alltag eingerichtet, beruflich wie privat. Doch dann nimmt er einen schwer depressiven Versicherungsangestellten als Klienten an, und plötzlich werden all seine Gewissheiten in Frage gestellt. Verzweifelt ringt er um Kontrolle – und begeht eine therapeutische Todsünde.

Meine Meinung
David Winter ist Psychologe, und er versucht Menschen, die in eine Sackgasse geraten sind, zu helfen. Als sich der depressive Versicherungsangestellte Barry Long bei ihm vorstellt, ist er zunächst stolz auf diesen außergewöhnlichen Patienten, stellt jedoch schon bald fest, dass ihn die Situation völlig überfordert. Als dann auch noch seine Familie auseinanderbricht, macht er einen folgenschweren Fehler.

Ein gelungener Einblick in den Alltag eines Psychologen – mit all seiner Routine aber auch seinen Fallstricken. Und wenn man eines direkt merkt – auch Psychologen sind Menschen und können sich selbst anscheinend am wenigsten helfen!

Der Psychologe und Ich-Erzähler David Winter ist mir sehr sympathisch, denn er wirkt nicht wie ein allwissender Behandler, sondern vielmehr sehr menschlich mit Ecken und Kanten. Manchmal scheint er menschenscheu zu sein, oft wirkt er ein wenig tollpatschig im Umgang mit seinen Mitmenschen. Doch eines ist wirklich glaubhaft – seine beständige Liebe zu seiner Frau Alex. Seine Patienten sind für ihn eher Mittel zum Zweck, halt sein Beruf, aber nicht seine Berufung. Doch nicht nur der depressive Versicherungsangestellte Barry fordert ihn zu neuem Handeln heraus, auch seine zerbrechende Familie. Während er sich zunächst beruflich und privat in Sicherheit wähnt, muss er im Lauf der Geschichte lernen, mit seinen bröckelnden Gewissheiten umzugehen. Seine Entwicklung, sein Kampf und der stetige Zweifel sind wirklich gut dargestellt und waren für mich gut nachvollziehbar. Sicherlich spielen hier auch die anderen Charaktere eine große Rolle, die allesamt sehr gut herausgearbeitet sind und nicht nur gut oder böse sind, sondern viele Facetten aufweisen. Durch Dialoge, die zum Teil durch Witz und Charme brillieren, aber auch dem Psychologie-Interessierten laienhaftes Wissen vermitteln, lernt man den Chef John Savoia und den Mentor Dr. Helprin kennen. Die Gespräche bieten oft einen tollen Schlagabtausch und zeigen einen feinsinnigen Humor, der mich oft schmunzeln ließ. 

Überhaupt lässt sich das Buch gut und flüssig lesen, der Schreibstil ist zwar eigen, aber schon nach wenigen Seiten habe ich mich einlesen können. Gefallen hat mir auch die zum Teil sehr ironisch und sarkastische Sichtweise des Ich-Erzählers, die dem Roman eine ganz besondere Note gibt. Es ist kein spannendes Buch, in dem Abenteuer und Action im Vordergrund stehen, vielmehr ein leises und stilles Buch, das mich manchmal hat innehalten lassen und zum Nachdenken angeregt hat. 

Dem Psychologie-interessierten Leser, der bereit ist, sich auf einen eher ruhigen Roman einzulassen, dem kann ich dieses Buch nur empfehlen. Gerade der sympathische Protagonist und die interessanten Dialoge haben mir sehr gefallen – ich gebe dem Buch 4 Sterne.


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