[Rezension] Ellen Marie Wiseman - "Die bittere Gabe"

Ellen Marie Wiseman - Die bittere Gabe
2 Zeitebenen

Verlag: Piper-Verlag
Umschlaggestaltung: U1 berlin /Patrizia Di Stefano
Umschlagabbildung: Alan Ayers und Octay Ortakcioglu /Getty Images
ISBN 13: 978-3-492-31221-9
Seiten: 463 Seiten
Erschienen: 1. Februar 2018
Originaltitel: „The Life She Was Given“
Übersetzer: Sina Hoffmann

Buchrückentext
„Amerika in den 30er Jahren: Noch nie im Leben durfte die kleine Lilly ihre Kammer verlassen. Die Menschen würden bei ihrem Anblick zu Tode erschrecken, so ihre Mutter. Umso erstaunter ist das Mädchen, als sie eines Tages mit in den Zirkus darf. Doch statt eine Vorstellung zu bestaunen, wird Lilly an den Zirkus verkauft und fortan wegen ihrer schneeweißen Haut als »Eisprinzessin« ausgestellt. Ein hartes Los, das sich erst ändert, als sie ihre besondere Gabe entdeckt: mit den Elefanten in der Manege tanzen zu können. Doch dann geschieht ein furchtbares Unglück, das erst zwanzig Jahre später gesühnt wird…“ 

Meine Meinung
Ich war mir nicht sicher, ob mich diese „Zirkusgeschichte“ wirklich packen könnte, trotzdem war ich neugierig auf das Buch – und tatsächlich hat mich die Autorin mit ihren beiden Erzählsträngen, die nach und nach ineinandergreifen, fesseln und auch unterhalten können.

In den 30er Jahren ist Lilly die Protagonistin, die die ersten 10 Jahre ihres Lebens auf einem Dachboden versteckt wird, weil sie ein Monster sei und die Menschen sich bei ihrem Anblick erschrecken würden. Als sie von ihrer Mutter zu einem Zirkus gebracht wird, ahnt sie noch nicht, was ihr noch alles geschehen wird. 

In den 50er Jahren erbt Julia überraschenderweise ein Anwesen – beim Aufräumen entdeckt sie mehrere Unterlagen, die ein Geheimnis bergen. Und je mehr sie in diese Geschichte eintaucht, umso mehr unglaubliches kommt zutage – und das macht auch vor ihrem eigenen Leben keinen Halt.

Mich hat die Geschichte von Anfang an packen können – sowohl der Erzählstrang von Lilly als auch der von Julia. Während ich bei Lilly eher bedrückt und erschüttert war, bei dem, was sie durchmacht und erleben muss, ist es bei Julia eher spannend, und ich habe mitgerätselt bei all den Hinweisen, die sie nach und nach findet. 

Mit Lilly habe ich gelitten – nicht nur, dass sie auf einem Dachboden eingesperrt aufwächst, auch ihre Zeit im Zirkus ist alles andere als leicht. Sie macht eine unglaubliche Entwicklung vom kleinen, schüchternen Mädchen zur gestandenen, selbstbewussten jungen Frau durch, die mich an mancher Stelle doch verwundert hat. Den Grund, warum sie in einer kleinen Kammer aufwachsen musste, fand ich nicht sonderlich glaubhaft, auch nicht für die Zeit, in der dieser Erzählstrang spielt. Trotzdem aber war ich davon natürlich berührt. 

Für die Zeit m Zirkus hat die Autorin sich viel Zeit genommen – sie beschreibt ausführlich, wie es im Zirkus zugeht, erzählt von anderen „Artisten“, den sogenannten Freaks, deren Lebensumständen und den Tieren, die zwar liebevolle Pfleger haben, trotzdem aber gequält und zu Kunststücken gezwungen werden. Mir waren die Beschreibungen ein wenig zu langatmig, auch wenn sie natürlich viele Bilder im Kopf haben entstehen lassen und einen guten Einblick zum Zirkusgeschehen in der damaligen Zeit gegeben haben – dafür ist die Handlung ein wenig zu kurz gekommen, und Lillys Erzählstrang bleibt ein wenig auf der Stelle stehen.

Anders ist das bei Julia, die immer wieder neue Puzzlesteine findet, die zur Lösung des Geheimnisses um ihre Familie beitragen. Dieser Erzählstrang ist spannend und lädt zum Mitraten ein – denn erst nach und nach wird klar, wie die beiden Erzählstränge miteinander verbunden sind und wie Lilly und Julia zueinander stehen. 

Der Schreibstil ist angenehm zu lesen, wirkt an manchen Stellen vielleicht ein wenig „hochgestochen“, was für mich nicht zur Geschichte gepasst hat. Bei manchen Beschreibungen hatte ich das Gefühl, dass die Autorin unbedingt poetisch klingen wollte, was aber etwas gekünzelt gewirkt hat – große Teile aber sind sehr lebendig geschrieben und haben auch die ganz eigene Atmosphäre des Zirkus‘ einfangen können.

Das Ende hat mir dann leider nicht gefallen – das war mir einfach zu viel der unglaublichen und schrecklichen Geschehnisse und wirkte auf mich konstruiert. Trotzdem hat mich das Buch insgesamt fesseln und unterhalten können, so dass ich 4 von 5 Sternen vergebe. 
  
Mein Fazit
Eine packende Geschichte, die auf zwei Zeitebenen spielt und den Leser in die ganz eigene Welt des Zirkuslebens in den späten 30er Jahren entführt. Ich habe mich in beiden Erzählsträngen wohl gefühlt und mit den Charakteren gelitten – an manchen Stellen war es mir dann aber zu viel dessen, was ein Mensch aushalten soll, so dass ich einiges dann nicht mehr glaubhaft fand. Trotzdem hat mich das Buch gut unterhalten, so dass ich 4 von 5 Sternen vergebe.

Werbung: Vielen Dank an der Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

2 Kommentare:

  1. Interessant! Obwohl ich ja eigentlich immer behaupte, das Cover sei mir nicht wichtig, hat mich hier das Bild bewogen, Deine Rezension näher anzugucken. Das mit den 2 Zeitebenen hört sich auch spannend an und die 30ger Jahre sind auch eine Zeit, die mir liegt. Hat ein bissle was von "Wasser für die Elefanten" , so vom Setting?

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  2. Ich habe das Buch ziemlich weit oben auf meiner Wunschliste, deshalb hat mich deine Meinung besonders interessiert. Danke für deine ausführliche Rezension. Momentan steht viel anderes an, aber ich denke, irgendwann werde ich mich auf diesen Roman einlassen.
    Liebe Grüße
    Susanne

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